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Geschäftsbericht

2024 – das Jahr der Tischtennisplatte

Tischtennis spielt man am besten nicht alleine. Je nach Spielpartner_in ändert sich das Spiel. Die eigene Taktik wird herausgefordert, Schwächen oder Stärken werden sichtbar. Manchmal verläuft alles harmonisch und es gibt »schöne« Matches, während sich der kleine Ball ein anderes Mal ständig im Netz verfängt, über die Platte hinausgeht und man das Gefühl hat, es käme kein richtiges Spiel zustande. Genauso wie in unterschiedlichen Spielkonstellationen, die wir hausintern nun häufiger veranstalten, ergeht es uns auch in der alltäglichen Akademiearbeit.
Jede Veranstaltung wird im Hinblick auf die Kooperationspartner_innen, Dozierenden und Teilnehmenden neu konzipiert und »gespielt«. Das Programm entsteht als Reaktion auf Ideen, Anfragen und Bedarfe. Im Austausch und in Kontakt mit den unterschiedlichen Feldern und Akteur_innen Kultureller Bildung zu sein, mit Kolleg_innen, mit Förderern und mit Gästen ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für unser Angebot. Meist gelingt uns dieses Spiel ganz gut, wie ein Blick in die Zahlen und die vielfältigen positiven Reaktionen auf unser Programm und unser Haus zeigen. 

Die äußeren Bedingungen aber werden herausfordernder. So haben wir es sieben Jahre lang – seit der letzten Erhöhung der institutionellen Förderung des Landes Niedersachsen in 2018 – geschafft, steigende Kosten aufgrund von Tarifsteigerungen und Inflation aus eigener Kraft und mit einzelnen Zuschüssen zu erwirtschaften. 2024 war das erste Jahr, in dem wir den Haushalt mit einer niedrigstelligen negativen Bilanz abschließen mussten. Tischtennis ist ein Sport, der mit wenig auskommt: zwei Schläger, ein Ball, eine Platte – aber das braucht es! Ohne diese grundlegende Ausstattung kein Spiel.

Seminar- und Tagungsangebot – variantenreich, aber ohne Risiko

Insgesamt kann mit Blick auf die Jahre der Pandemie und bezogen auf europäische Weiterbildungsstudien wie beispielsweise die Adult Education Survey eine (wieder) leicht steigende Nachfrage nach beruflichen Weiterbildungsangeboten bei gleichzeitigem Interesse an kürzeren Formaten konstatiert werden. Das bestätigen auch die Zahlen und Erfahrungen der Bundesakademie. Dennoch ist die Lage in den Sparten und mit Blick auf die verschiedenen Angebotsformen sehr unterschiedlich. So beteiligen sich die Arbeitgeber_innen im Programm Museum beispielsweise am ehesten an Weiterbildungsangeboten; so hat der Programmbereich Musik mit der stärksten Konkurrenz an Fortbildungsangeboten deutschlandweit zu kämpfen, und so bietet der Programmbereich Kulturmanagement und Kulturpolitik inhaltlich die größten Potenziale für kompakte Online-Angebote.

Teilnehmende nutzen generell im Jahr 2024 schnell verfügbare Online-Weiterbildungsmöglichkeiten bzw. Informationen, die teilweise kostenlos oder sehr kostengünstig zu haben sind, und überlegen länger, ehe sie einen Präsenzkurs in Wolfenbüttel buchen. Hier spielt der Preis, die zeitliche Länge des Angebotes, das Thema, aber auch die Entfernung vom Wohnort eine wesentliche Rolle. Je höher die Kosten, je länger das Angebot, je experimenteller und weniger direkt berufsbezogen und je weiter der Wohnort von Wolfenbüttel entfernt ist, desto seltener fällt eine Entscheidung für das Präsenzangebot aus. Circa die Hälfte der Teilnehmenden zahlt das berufliche Weiterbildungsangebot aus privater Tasche, hinzu kommt der Zeitaufwand sowie der Verdienstausfall, der beispielsweise bei Selbstständigen nicht durch Arbeitszeit ausgeglichen werden kann.

In der Reaktion auf diese Bedingungen versuchen wir, ein sehr diversifiziertes Programm anzubieten, und setzen je nach Programmbereich auf unterschiedliche Strategien. Wir planen weiterhin neben Präsenzangeboten unterschiedlicher Länge auch Online-Angebote, in denen der Anteil an Neu-Teilnehmenden meist besonders hoch ist. Wichtiger werden aktuell wieder spartenbezogene Kooperationen mit Verbänden und »Standbein«-Angebote, die Methoden und Werkzeuge vermitteln und bei Teilnehmenden immer nachgefragt sind. Schwerer haben es experimentelle »Spielbein«- und Diskurs-Themen, die wohlüberlegt und intensiv beworben werden müssen, um stattzufinden. An dieser Stelle rächt sich oftmals, dass wir an der Akademie nur eine 50-Prozent-Stelle für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit/Marketing haben, unterstützt durch eine studentische Hilfskraft für Social Media – angesichts der gestiegenen Aufmerksamkeitsökonomien zu wenig Invest in volle Kurse. Nachteilig wirkt sich auch aus, dass jede aufgrund von Teilnehmendenmangel ausgefallene Veranstaltung Raumkapazitäten bindet, die dann meist kurzfristig nicht mehr durch die Gastbelegung oder andere Seminarangebote gefüllt werden können. Alles in allem zwingt das zu einer Programmgestaltung »auf Sicherheit«, welche nicht die vollen Ressourcen einer impulsgebenden Bundesakademie ausspielen kann.

Gastbelegung – auf Erfolgskurs

Dank einiger umgestellter Prozesse, angepasster Preise und veränderter Personalressourcen konnte die Gastbelegung im Jahr 2024 ihre Umsätze deutlich steigern. Dabei wird das Haus vor allem von regionalen, kulturnahen Partnern geschätzt. Manchmal ergeben sich inhaltliche Kooperationen aus der Zusammenarbeit mit Veranstalter_innen, die zunächst »nur« unsere Räume buchen möchten. Die Gastbelegung ist also nie nur Lückenfüller, sondern schafft es auch, zukünftige Teilnehmende für das Kursangebot zu interessieren. Trotz aller Synergieeffekte versuchen wir nach außen jedoch sehr transparent zu kommunizieren, wann inhaltliche Angebote vom Akademieteam oder aber von Externen durchgeführt werden. Gerade in der wirtschaftlichen Haushaltsbetrachtung ist die Gastbelegung ein enorm wichtiger Faktor, der aber neben freien Räumen auf personelle Kapazitäten im Management der Gastbelegung und in der Hauswirtschaft und Haustechnik angewiesen ist. Nicht selten stellen sich diese Faktoren als limitierend heraus, was dazu geführt hat, dass wir trotz angespannter Haushaltslage die Kapazitäten in der Hauswirtschaft im Jahr 2024 moderat erhöht haben, um den wachsenden Bedarfen an Verpflegung von Gastbeleger_innen gerecht werden zu können.

Projekte und Drittmittel – notwendiger Teil der Strategie

Neben den mehrjährigen Projekten mit dem Land Niedersachsen (z. B. »SCHULE:KULTUR!«), der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien (BKM) (»SIN-Beratung« und »Vor-Ort-Beratung Kulturelle Bildung und Teilhabe« sowie »Inklusion und Barrierefreiheit«) und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (z. B. »K²-Beratung« und »KuBiDemo – Kulturelle Bildung als Praxis der Demokratiebildung«), die für uns inhaltlich bedeutsame Themen wie (Ganztags-)Schulentwicklung, Nachhaltigkeit und Green Culture oder Inklusion und Demokratiebildung behandeln und weiterentwickeln, wird die Drittmittelakquise auch in den Programmbereichen immer wichtiger, um vor allem mehrmodulige Qualifizierungsreihen finanziell zu unterstützen. So wäre die inklusive Reihe »Theater der Vielen« oder auch Angebote wie »Musik & Inklusion« ohne eine Drittmittelförderung nicht realistisch umsetz- oder für die Teilnehmenden bezahlbar. Das ist eine Entwicklung, die sich fortsetzen, aber vor allem die Programmleitenden – unterstützt durch die (Projekt-)Stelle Drittmittelmanagement und Kund_innenakquise – in Zukunft stärker fordern wird. An diesem Punkt sei vor allem der BKM und dem BMBF und insbesondere dem Ministerium für Wissenschaft und Kultur des Landes Niedersachsen (MWK) gedankt für die verlässliche und vertrauensvolle Zusammenarbeit!

Eine Herausforderung in unserer Drittmittelakquise bleibt das grundlegende Thema Weiterbildung, das gerade Stiftungen und andere fördernde Akteure häufig nicht so gerne unterstützen, und die argumentative Hürde, dass die Entwicklung und das Angebot von Weiterbildungsangeboten zu unserem institutionellen Kerngeschäft gehört und daher oftmals per se projektbezogen nicht gefördert wird.

Gemeinwohlökonomie (GWÖ) – die Spielregeln

Nach zwei Jahren Prozess konnten wir im Sommer 2024 unsere erste Gemeinwohlbilanzierung mit einem sehr respektablen Punkteergebnis in den Händen halten. Der entstandene Bericht gibt nicht nur einen Einblick in unseren Akademiealltag aus der Perspektive sozialer, ökonomischer und ökologischer Nachhaltigkeit, sondern macht auch in fast 50 Entwicklungsmaßnahmen deutlich, worum wir uns in den nächsten Jahren kümmern werden. Neben kleinen Projekten wie dem dieses Jahr bereits entstandenen Code of Conduct, der Mobilitätserfassung von Mitarbeitenden und Teilnehmenden, der weiteren Entwicklung der Barrierefreiheit unseres Hauses und unserer Angebote sowie hausinternen Anreizen und Hinweisen zur Reduktion des CO₂-Fußabdrucks, stehen auch größere, investive Maßnahmen an, die wir nur mit entsprechender Förderung umsetzen werden können: Aufbau einer Ladesäule für E-Autos, smarte Wärme- und Stromregulierung unserer Gebäude und ein Umgang mit der Aufheizung der Gästezimmer bei sommerlichen Temperaturen in der denkmalgeschützten Mühle.
In Zeiten, in denen zivilgesellschaftliche Akteure, zu denen auch die Bundesakademie gehört, aus unterschiedlichsten Gründen zunehmend unter Druck geraten, bildet die GWÖ mit ihren zentralen Werten der Menschenwürde, Solidarität und Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit sowie Transparenz und Mitbestimmung klare »Spielregeln«, die dabei helfen, institutionelle Entwicklungsprozesse sinnvoll voranzutreiben.

Fazit

Die Bundesakademie nach innen und außen attraktiv weiterzuentwickeln, Jahr für Jahr ein ansprechendes Programm zu gestalten, das auf die sich schnell ändernden Bedarfe von Kulturvermittler_innen und Kulturschaffenden reagiert, und dabei de facto stetig sinkende Förderungen zu kompensieren, ist ein Teamsport, in dem wir täglich motiviert trainieren. Das ist sinnvoll und sinnerfüllend, aber damit die Bälle in der Luft bleiben, braucht es eine stabile Platte und vernünftige Schläger.