Geschäftsbericht
2022 – ein Jahr im Dazwischen
Das Jahr 2022 bildete wie überall auch an der Bundesakademie ein seltsames »Dazwischen« ab: auf der einen Seite arbeitend mit Blick auf den Status vor der Pandemie (2019), auf der anderen Seite mit sehnsüchtigen Gedanken hin auf eine Zukunft nach der Pandemie. Wir als Team an der Bundesakademie haben das Jahr genutzt, um uns auf ein »nach der Pandemie« vorzubereiten. So haben wir neues Personal eingearbeitet, neue Projekte akquiriertzum Start in 2023, unsere Räume im Schloss renoviert und einen Umzug zurück ins Schloss aus unserem Interimsquartier gestemmt, neue Software zur Zeiterfassung und eine neue Telefonanlage bestellt, neue Möbel für die Gästezimmer ausgesucht, unser Leitbild überarbeitet und einen Gemeinwohl-Ökonomie-Prozess gestartet. Die meisten dieser Pflänzchen werden erst in 2023 allmählich Früchte tragen, aber die ersten Schritte sind getan.
Seminar- und Tagungsangebot – analog und digital
Wenn die Pandemie ein Gutes hatte, dann dass die ba• spätestens seit 2022 wie selbstverständlich analoge neben digitalen Angeboten anbietet, was sich auch 81 % unserer Teilnehmenden wünschen (s. auch Teilnehmendenbefragung 2021/2022). Wir lassen uns in der Entscheidung für das eine oder andere immer von den Inhalten und den Weiterbildungszielen leiten. Digitale Qualifizierungen, blended-learning Formate, hybride Angebote, vollkommen in Präsenz in Wolfenbüttel oder »ba• unterwegs«, an anderen Orten in der Republik, – alles findet sich nun in schöner Abwechslung in unserem Programm. Dies hat auch dazu geführt, dass trotz pandemiebedingten verhaltenen Teilnehmendenbesuchen vor Ort die Gesamtzahl an Veranstaltungen in 2022 auf einem mit 2019 vergleichbaren Niveau liegt. Um das Gästehaus dennoch gut auszulasten, denn dies stellt einen wesentlichen Teil unserer Eigeneinnahmen dar, haben wir unter anderem durch eine neue Stelle »Drittmittelmanagement und Kundenakquise« die Gastbelegung weiter gestärkt.
Gastbelegung – ohne geht es nicht
Trotz der vielen Einschränkungen gelang es, den Anteil unserer Eigeneinnahmen an der Gesamtfinanzierung des Hauses (neben Drittmitteln und institutioneller Förderung durch das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft u. Kultur) weiter zu erhöhen. Mit 33 % liegt die Akademie mit ihren Eigeneinnahmen schon nahe am Anteil der institutionellen Förderung, die in der Gesamtfinanzierung für das Jahr 2022 40 % beträgt. Weitere Maßnahmen zur Stärkung der Gastbelegung wie eine systematischere Bewerbung der Räume, die Steigerung der Servicequalität und der Aufenthaltsqualität vor Ort sind angedacht und teilweise schon konkret skizziert, aber noch lange nicht vollständig umgesetzt.
Projekte – wichtige Querschnittsthemen
Auch wenn es einige programmbereichs-, d. h. spartenübergreifende Angebote am Haus gibt, sind es die Projekte, die wichtige Querschnittsthemen in der Tiefe behandeln. So gelang es, das niedersächsische Programm »SCHULE:KULTUR!« auch nach 2022 zu verstetigen mit dem Potenzial, mehr Schulen für längerfristige Schulentwicklungsprozesse zu begeistern und diese qualifiziert zu begleiten. Auch das Projekt »K² – Kulturnetzwerke in Kommunen und Regionen« wurde 2022 erfolgreich mit einer Handreichung zur Entwicklung von kulturellen Bildungslandschaften abgeschlossen und konnte durch einen vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) bewilligten Projektantrag zur K²-Beratung weiterentwickelt werden. Des Weiteren wurde ein Antrag zu dem gesellschaftlich sehr relevanten Thema »KuBiDemo – Kulturelle Bildung als Demokratiebildung« in 2022 durch das BMBF für förderfähig befunden. Mit der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) und dem Aktionsnetzwerk Nachhaltigkeit in Kultur und Medien wurde die »SIN-Beratung (Start in die Nachhaltigkeit)« für Kulturinstitutionen entwickelt und bewilligt. Damit stehen wir auch nach 2022 in engem Kontakt mit unseren Hauptprojektförderern BMBF und BKM und in starkem inhaltlichen Austausch mit dem Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK). Das MWK ermöglichte zudem den Start eines einjährigen Projektes »Beratung«, um die Beratungstätigkeiten der Bundesakademie zu analysieren und zukünftig professioneller und serviceorientierter umzusetzen.
Kooperationspartner_innen – inklusiv, nachhaltig, divers
Wir legen als Team nicht nur in hausinternen Arbeitsgemeinschaften Wert auf die selbstreflexive Diskussion von Themen wie Diversität oder Nachhaltigkeit, sondern sind auch stetig bemüht, Diskursen Taten folgen zu lassen. Mit EUCREA, dem Dachverband zum Thema Kunst und Behinderung, konnten wir die Zusammenarbeit intensivieren und haben beispielsweise die Qualifizierung »Theater der Vielen« auf die Beine gestellt. Die Qualifizierungsreihe für Künstler_innen, Lehrer_innen und Projektleiter_innen mit und ohne Behinderungen brachte uns einige neue Kooperationspartner_innen und Einsichten. Auch in anderen Programmbereichen war das Thema Inklusion besonders präsent und involvierte neue Partner wie die Gesellschaft Erwachsenenbildung und Behinderung e. V..
Im November 2022 starteten wir einen Prozess, um soziale, ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit in der Akademie systematischer und mit allen Mitarbeitenden umzusetzen. Die Entscheidung fiel auf eine Gemeinwohl-Ökonomie -Bilanzierung(GWÖ), eine Prozessentwicklung hin zu einem alternativen Wirtschaftsmodell, das auf die Grundwerte Menschenwürde, ökologische Nachhaltigkeit, Solidarität und soziale Gerechtigkeit sowie Mitbestimmung und Transparenz setzt. Bis Sommer 2023 wird die Akademie ihre erste GWÖ-Bilanz erstellt haben und damit ein Werkzeug besitzen, um oben genannte Werte in den nächsten Jahren immer umfassender und noch konsequenter als bisher im Alltag zu leben.
Für das oben genannte Projekt »Beratung« konnten wir Türkân Deniz-Roggenbuck gewinnen, die uns ganz nebenbei mit ihrer Agentur für Diversität und Transkulturalität aktiv dabei unterstützt hat, unser Netzwerk an Dozierenden weiter zu diversifizieren und uns als Haus immer stärker aus der eigenen Komfortzone herauszubewegen.
Fazit
Ein unruhiges Jahr 2022 liegt hinter uns, das von allen Mitarbeitenden viel gefordert hat. Neben Zukunftssorgen, Krankheiten, gesellschaftlichen Katastrophen und vielerlei Ungewissheiten haben wir als Team versucht, uns nach langen Monaten des Masketragens, im Exil unserer Arbeitsumgebung und in der doch manchmal aufkommenden Einsamkeit des Homeoffices wieder anzunähern und durch Zukunftsplanungen und konkrete Aktionen Zuversicht zu schaffen, ganz im Sinne des Erika Mann zugeschriebenen Zitats: »Arbeit ist tätige Hoffnung.«
Die Bundesakademie in aller Kürze
Die Bundesakademie für Kulturelle Bildung arbeitet als »Ort für Kunst, Kultur und ihre Vermittler_innen in insgesamt sechs Programmbereichen (Bildende Kunst bk, Darstellende Künste dk, Kulturmanagement, -politik, -wissenschaft ku, Literatur li, Museum mm, Musik mu) und thematischen Projekten zum Beispiel zu Diversität, kultureller Schulentwicklung, Wissenstransfer oder Digitalität. Wir bieten in Seminaren, Qualifizierungsreihen und Tagungen die Möglichkeit zur praxisnahen beruflichen Fort- und Weiterbildung für ehren- und hauptamtliche Multiplikator_innen. Die Akademie fühlt sich dabei einem bundesweiten Auftrag verpflichtet – neben einer starken lokalen Verwurzelung durch kulturelle Angebote in Zusammenarbeit mit der Stadt und dem Landkreis Wolfenbüttel wie einer engen Zusammenarbeit mit den Landesverbänden in Niedersachsen. Wir kooperieren in vielen Veranstaltungen mit Partner_innen aus Kultur, Politik und Wissenschaft und werden in kulturpolitischen Themen und Fragen Kultureller Bildung auch beratend oder als Praxispartner_innen in der Forschung tätig.
Die Akademie verfolgt ganz im Sinne einer modernen Kulturellen Bildung den Ansatz des lebenslangen Lernens. D. h. dass neben dem Angebot für Berufstätige auch die Ansprache von Publikum in der nachberuflichen Phase oder von Studierenden nicht zu kurz kommt. Bezugspunkt ist dabei jedoch immer eine professionelle Tätigkeit im Feld der Kulturellen Bildung.