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Wie die Katze zum Kopfstand kommt

Für dieses Halbjahresprogramm hat die Bundesakademie das yaw! kollektiv zu dem Experiment eingeladen, die Bildserie im Prozess mit zwei KIs (Künstliche Intelligenz) zu erstellen. Die Idee war, eine Logik zu entwickeln, in deren Rahmen Entscheidungen radikal an die KI abgegeben werden und Menschen nur an einzelnen Punkten steuernd eingreifen. Daher hat die erste KI (Chat GPT) die Prompts (Anweisungen, Befehle, Aufträge)  für die bildgenerierende KI (Firefly) geschrieben. Ausgangspunkt für Chat GPT war: Schreibe einen Prompt für die Frage »Wie sieht eine ideale Lernumgebung aus« und berücksichtige dabei mit Bildung verbundene Stichpunkte wie »Verlernen« oder »Perspektivwechsel« (insgesamt wurden 11 assoziative Begriffe ausgewählt). Die ersten Ergebnisse waren ernüchternd und oftmals klischeeverhaftet, so dass weitere Parameter entwickelt wurden. Dabei musste immer wieder entschieden werden, wie stark der Gestaltungsprozess abgegeben werden soll, wo ein eigenes Verständnis von Ästhetik eingebracht und  wie der co-kreative Prozess gestaltet wird. Ein Interview mit Maxie Götze und Johannes Siebler vom yaw! kollektiv, die einen Einblick in den Mensch-Maschine-Prozess geben.

ba•: Liebes yaw!kollektiv, wir möchten zunächst nochmal kurz die Rahmenbedingungen des Experiments abstecken: Welches waren die 11 Begriffe, die ihr ChatGPT mit auf den Weg gegeben habt?
yaw! kollektiv: Die folgenden Begriffe waren Ausgangspunkt, um sich von ChatGPT »die perfekte Lernumgebung« beschreiben zu lassen:

  • Perspektivwechsel
  • Verlernen / Umlernen
  • Globales Lernen
  • Nachhaltigkeit
  • Gerechtigkeit
  • Widerstände bei Lernprozessen
  • Überschreiben
  • Gemeinsames Lernen
  • Wissenstransfer
  • lernende Personen
  • Freiheit

Erst im zweiten Schritt ließen wir daraus »bildgebende Prompts« formulieren. Die entstandenen Bildbeschreibungen reichten zunächst von »aufgeräumten und sterilen Räumen« bis hin zu »lachenden Personen, die gemeinsam auf eine Weltkarte blicken«. Sie waren für uns eher enttäuschend, da wenig originell.

ba•: … deswegen war danach einer der grundlegenden Aufträge, für die KI, dass ihr die Betrachter_innen überraschen wollt. Wie geht eine KI mit dem Befehl um, überraschende Bilder zu generieren?
yaw! kollektiv: Der Auftrag, Überraschung mit einzubauen, klappte erstaunlich gut. Oder wer von uns hätte bspw. bei Perspektivwechsel gleich an eine auf dem Kopf stehende Katze gedacht? Wichtig ist, diesen Auftrag bereits bei der Bildbeschreibung - also bei der Text-AI - mit einzubauen. Die bildgenerierende AI »Firefly« weiß mit dem Auftrag »erstelle mir ein überraschendes Bild« wenig bis nichts anzufangen. Chat GPT dagegen konnten wir Begriffe wie »ungewöhnlich«, »überraschend«, »absurd» oder »fantastisch« mitgeben - und bei Bedarf auch wiederholt hinterfragen. Die KI wurde für uns zu einer Art Sparringspartner, um uns gemeinsam an spannende und überraschende Bildbeschreibungen heranzutasten.

ba•: Wir haben für diese Bildserie eine Haltung eingenommen, mit der wir uns dem Thema spielerisch und künstlerisch genähert haben. Gleichzeitig ist uns natürlich bewusst, dass wir uns durch KI auch beeinflussen und sogar manipulieren lassen können. Es ist bereits untersucht, dass Chat GPT versucht, die Haltung, mit der sie trainiert wurde, weiterzugeben und dass bildgenerierende KIs oftmals stereotype, teilweise sogar diskriminierende Bilder verfestigen. Eine kritische Distanz und vielleicht sogar ein subversiver Umgang sind also durchaus angebracht.  Wie bringt man das Programm dazu, etwas zu tun, was es nicht beabsichtigt?
yaw! kollektiv: Das ist eine komplexe Frage, über die sich sicher lange philosophieren lässt. Grundlegend können wir aber folgendes sagen:Wir betrachten die KI als Werkzeug, das wir für unsere Zwecke einsetzen und nutzen können. Ähnlich wie bei anderen Werkzeugen ist es essentiell, die grundlegenden Funktionen und Steuerungsmöglichkeiten, aber auch ihre Grenzen zu verstehen. Das Schreiben von Prompts könnte man so auch mit dem Erlernen einer spezifischen »Programmiersprache« vergleichen. Mit der Fähigkeit der KI, ständig dazuzulernen und sich weiterentwickeln, dürfte dieses Lernen allerdings dynamisch sein und bleiben.
Zusätzlich sollten wir bei der Nutzung von KI immer abwägen, wie viel Entscheidungsgewalt wir ihr überlassen und in welchem Maße wir manuell eingreifen möchten.

ba•: Habt ihr euch im Prozess an die KI angenähert und eine gemeinsame Sprache gefunden?
yaw! kollektiv: Die Arbeit mit einer bildgebenden KI läuft in Schleifen. Man schickt einen Prompt ab und überprüft am Ergebnis, wie die verwendeten Begriffe und Begriffskombinationen im Bild sichtbar werden. Anschließend tauscht man die Reihenfolge, Gewichtung oder ganze Wörter aus. Durch »Trial and Error«  erlernt man die Sprache bzw. eine Reihung von Wörtern zu nutzen,  die eine bildgebende KI versteht. Wir haben also stetig reagiert und die Prompts angepasst. Von einer gemeinsamen Sprache würden wir hier nur bedingt sprechen.

ba•: Eine KI kann ja unendlich viele Bilder generieren. Wie schwer war die Auswahl der 11 Bilder, die letztendlich verwendet wurden?
yaw! kollektiv: Unendlich viele Bilder, ja. Doch nicht alle waren gut oder passend. Trotzdem konnten wir eine recht große Anzahl an Bildern generieren, von denen wir überzeugt waren, dass sie das Programmheft illustrieren könnten. Wir haben überlegt, die Auswahl der finalen 11 Bilder ebenfalls an eine KI abzugeben und sie hat uns auch drei Serien mit 11 Bildern vorgeschlagen. Diese Serien waren dann die Grundlage, auf der die ba• gemeinsam mit uns kuratorisch eingegriffen, einzelne Bilder ausgetauscht und die Serie in eine ästhetisch ansprechende Reihenfolge gebracht hat.

ba•: Wo nutzt ihr KI im Alltag? Wie nutzt ihr solche Tools als Kollektiv in eurer künstlerischen Arbeit?
yaw! kollektiv: »Wart mal, ich frag ChatGPT kurz«. Dieser Satz ist tatsächlich auch bei uns immer häufiger zu hören. Wir nutzen KI als »helfenden Kopf« und zur Co-Kreation, bspw. beim Verfassen von Texten oder beim Finden von Workshop-Titeln. Wir nutzen sie auch für die Generierungen von Bildern, die ohne Lizenzen verwendet werden können und ohne die Persönlichkeitsrechte von Personen zu verletzen.
Und wir nutzen sie definitiv als Inspirationsquelle oder Tool zum Experimentieren: In kurzer Zeit können wir unterschiedliche Ergebnisse (inhaltlich oder visuell) erzeugen lassen und in unserer eigenen Arbeit darauf reagieren.

ba•: Habt ihr einen konkreten Tipp für Menschen, die aktuell KI verwenden wollen?
yaw! kollektiv: Ja, wir teilen gern das, was für uns gut funktioniert hat. Allerdings nicht in dem Sinne, dass wir Expert_innen für KI sind, aber wir probieren aus und tasten uns heran. Tipps dafür sind:

  • Ohne Scheu und Hemmung experimentieren und sich spielerisch damit auseinandersetzen.
  • Reden! Tauscht euch, wenn möglich mit Kolleg_innen aus, wie sie im eigenen Arbeitsalltag damit umgehen.
  • Weiterbilden. Mittlerweile gibt es viele Angebote, die mit der Technologie vertraut machen und auch viele Veranstaltungen, die sich explizit mit der Rolle von KI in der Kultur bzw. in Kulturinstitutionen befassen.
  • Anfangen. Auch wenn man noch keine konkrete Anwendung für die Bildgenerierung durch KI hat, schärft eine Auseinandersetzung die eigene Medienkompetenz. Es wird einfacher, die Ästhetik von KI-generierten Bildern zu erkennen und einzuordnen. Außerdem wird einem dadurch bewusst, wie weit fortgeschritten diese Technologien bereits sind.

ba•: Und zum Schluss sind wir natürlich total neugierig auf Bilder, die nicht verwendet wurden. Könnt ihr uns ein paar davon vorstellen?
yaw! kollektiv: Gern! Ein paar witzige findet ihr anbei. Und hier geht es zu den Bildern, die wir dann tatsächlich verwendet haben.

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