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Fernsehbeitrag über die Tagung »Optimize me!

Clever und smart oder blinkend und hohl? Egal, welcher Meinung man zustimmt: Sicher ist, dass die Digitalisierung die Kulturelle Bildung verändert. Mit den Herausforderungen und Chancen beschäftigte sich unsere Tagung »Optimize me! Kulturelle Bildung und Digitalisierung«, die am 3. und 4. Mai in Wolfenbüttel stattgefunden hat.
Eine tollen Einblick in die Tagung bietet das Interview mit Mechthild Eickhoff, die Leiterin der U2_Kulturelle Bildung im Dortmunder U – Zentrum für Kunst und Kreativität. Sie war auf der Tagung als Referentin anwesend und lässt uns an ihren Erfahrungen mitten aus dem Leben teilnehmen.

Frau Eickhoff, die heutigen Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen sind zunehmend von digitalen Netzwerken, mobilen Gadgets, Apps und Algorithmen geprägt. Wie wirkt sich der digitale Medienwandel auf die aktuellen ästhetischen und künstlerischen Praktiken junger Menschen aus?
Was ich beschreiben kann, ist ein Ausschnitt: Kinder und Jugendlichen, die zu uns kommen, wollen produktiv mit Digitalität bzw. "Medien" umgehen. Das ist unser Kerngeschäft. Die UZWEI im Dortmunder U ist eine eigenständige Etage für Kulturelle Bildung mit Medien nach eigenen Ideen der Beteiligten. Zusätzlich haben wir eine Ausstellungsfläche, in der wir diese Ideen von Kindern, Jugendlichen oder jungen Kreativen unter professionellen Bedingungen eines Ausstellungshauses zeigen können. Selbermachen und Gestaltung mit Film, Fotografie, Crossmedial, Gaming... Die Acht- bis ca. 20-Jährigen kommen, weil sie hier ungewöhnliche Ausstellungen und Interaktion finden; sie kommen für die Workshops, weil sie hier technisch und räumlich noch professioneller experimentieren können und weil sie durch die freien Mitarbeiter*innen aus Medienberufen gute Profis an ihrer Seite haben. Infolgedessen eröffnet sich ein ungeheuer offenes, spielerisches, fehlerfreundliches Feld der Bilderwelten, bewegt oder unbewegt, Trickfilm, Animation, VR-Versuche, Fotoshooting, Instagram-Story, Gaming, Roboterbau, Dokumentarisches - hier können Kinder und Jugendliche selbst zu Autor*innen, Schöpfer*innen von Welten werden. Technisch sind sie dabei unglaublich schnell; besonders ist, dass sie in der Teamarbeit hier im U erleben, wie Manipulation funktioniert und was eigentlich "guter" oder für sie selbst relevanter Content und relevante Botschaft sein kann. Die Kanäle, diese Ergebnisse an die Öffentlichkeit zu bringen, sind entsprechend auch andere als eine städtische Galerie. Likes sind wie eine Währung und geteilter Content ist "doppelter Content" - also eine große Anerkennung. Das geht auch manchmal schief, aber eben sofort auch wieder besser. Instant-Feedback sozusagen über eine technisch unendliche Öffentlichkeit. Medial ist das alles wichtig und steuert auch neue Aufmerksamkeistspannen, die werden kleiner oder fokussieren aufs Endgerät - da müssen wir insgesamt aufmerksam sein. Gleichzeitig ist das persönliche Zusammenkommen und Produzieren sehr wichtig. Und digital ersetzt nicht analog, das soll es auch nicht. Wir haben hier auch Knete, Papier, Scheren, selbst zu bauende Requisiten und wandelbare Trickfilmfiguren. Das funktioniert nebeneinander und füreinander.

Wie kann und wie sollte die kulturelle und pädagogische Praxis damit umgehen?
Für Kinder und Jugendliche ist das Digitale ja Alltag und es ist nicht allein eine technische Frage. Für Einrichtungsverantwortliche stellt sich jedoch schnell der Eindruck ein: Ich komme entweder zu spät und/oder mir fehlen substantielle Hardware- und Programmierkenntnisse - am Ende kauft man einfach Tablets (und weiß immer noch nicht "was tun?"). Für die Praxis bedeutet es, mit zahlreichen freien Expert*innen zu arbeiten, die einerseits Profis ihres medialen Fachs sind, andererseits eine Übersetzung in den Bildungskontext schaffen; das Netzwerken wird sprichwörtlich und gemischte Teams aus sehr unterschiedlichen Feldern - von Programmiererin bis Modellbau, von Szenograf bis Sounddesignerin - sind fruchtbar. Ort und Ausstattung bleiben auch wichtig, Menschen brauchen interessante Orte, an denen mit ihnen, für sie und eben von ihnen etwas passiert und gesehen wird. Es gilt Erfahrungen der Autonomie im Umgang mit dem Unwägbaren des Digitalen herzustellen. Das kann viel spielerischer und kreativer geschehen, als man sich das vielleicht angesichts der eigenen Vorsicht und der Sorge vor "Medienmissbrauch" traut. Dann kann es auch ein wichtiger Reflexionraum sein, wie sehr man selbst schon durch z.B. Smartphones getaktet ist oder über Nachrichten sozusagen monokulturell gesteuert wird. Gerade deshalb: Es braucht Sichtbarkeit dieser jungen Kompetenz und Denkwelten in Kulturhäusern. Das gilt jetzt umso mehr, weil ein professioneller Raum für die Ideen von Jüngeren zeigen kann, wie Digitalisierung und Kultur gehen können. Da muss man Platz und Räume frei geben - der leere Raum ist ein spannender für digitale Zeiten. Der leere Raum, der mit und von Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen bespielt und gedeutet wird. Digitalisierung hat nicht nur etwas mit Technik zu tun, vielmehr ist es eine Haltung, die Hierarchien befragt und sehr unterschiedliche Kompetenzen und Perspektiven mit an den Entscheidungstisch holt. Die UZWEI ist ja auch im Dortmunder U nicht der Lieferant für die Ausstellungen anderer, die UZWEI hat eigene Präsentationen und den ganzjährigen Workshop-, Projekte- und Veranstaltungsbereich. Das ist ein großer Unterschied zur Vermittlungsabteilung in manchem Museum.

Sie arbeiten selbst direkt an der Basis. Können Sie uns ein Beispiel aus Ihrem beruflichen Alltag nennen?
Als weiteres, völlig erstaunliches Beispiel möchte ich von "The Art of Skate" erzählen. Wir haben rund ein Jahr lang mit Mitgliedern der Skate-Szene eine Ausstellung erarbeitet. Die waren eher zwischen 25 und 30, aber Experten der Szene und auch Filmer*innen, Fotograf*innen, Szenograf*innen, Texter, Grafiker*in. Die Skater*innen haben jahrelang um das Dortmunder U geskatet, wir saßen drinnen und sie fuhren draußen den schönen Beton. Endlich haben wir letztes Jahr nach eine Kooperation gefragt: Können, sollen wir eine Geschichte über Kultur und Skaten zusammen erzählen? Mit großem Sachverstand sowohl aus der Szene selbst als auch für die Übersetzung in eine Ausstellung im Dortmunder U sind wir gemeinsam vorgegangen. In der Ausstellung sind auch Clips aus Ferienworkshops der UZWEI zu sehen, neben Profiskulpturen, Boards, Fotografien usw. Die Entwicklung, die Ko-Produktion und das respektvolle, gleichwohl professionelle und sehr offene Erarbeiten, das hat was mit heutigen Lebenswelten, Netzwerkdenken und -handeln zu tun. Das meine ich auch mit Sichtbarkeit in Kulturhäusern: Wir können gemeinsam zeitgenössische Geschichten erzählen, gemeinsam definieren, was Kultur ist, sein kann und dass es gleichzeitig unendlich viele Perspektiven und Stories gibt. In diesen Prozessen zeigt sich m.E. dass es eine neue Denkweise, neue Erzählformen und neue Orte gibt. Bezeichnend war: zum Pressegespräch vor der Eröffnung haben wir sozusagen mit uns allein gesprochen, aber über Social Media wussten es da schon über 1000 Leute (und die Eröffnung war voll!).

Hier geht es zum Tagungsprogramm

Hier gibt es einen kurzen Fernsehbeitrag über die Tagung.

 

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