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Erinnerungen an Klaus Viedebantt

Mein Mann für W-Fragen

Erinnerungen an Klaus Viedebantt

Die ersten Worte, die ich von Klaus Viedebantt las, lauteten: »Nach Journalistenart das Wichtigste zuerst: Wir können Sie leider nicht zur engeren Auswahl unserer Volontäre einladen.« Der Hintergrund: Anfang 1995 hatte ich mich bei der Lehrredaktion der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« beworben, die Klaus Viedebantt leitete. Seine Absage sortierte ich zu den vielen anderen in dieser Zeit.

Vier Jahre später hatte ich mehr Glück bei der Bundesakademie und wurde Fachbereichsleiter Literatur. Ein erstes Jahresprogramm war zu erfinden und ich erinnerte mich an die Absage von Klaus Viedebantt. Meine Idee, einen renommierten FAZ-Journalisten für Werkstätten zu Grundlagen der Zeitungsarbeit zu gewinnen, erschien mir kühn, aber lohnend.

Meine briefliche Anfrage und ein Telefonat mit Klaus Viedebantt führten zum Erfolg. Und so hatte ich seit 2000 für rund zwanzig Jahre einen leidenschaftlichen Journalisten im Programm, der lehrte, wie guter, präziser Journalismus in den Printmedien auszusehen hat.

Er wusste, wie Texte gebaut und wie Informationen verteilt werden müssen, welche Rolle die W-Fragen (Wer? Was? Wann? Wo? Wie?) im Journalismus spielen und was mit den Worten John B. Bogarts das Neue einer Nachricht ausmacht: »Wenn ein Hund einen Mann beißt, ist das keine Nachricht, aber wenn ein Mann einen Hund beißt – das ist eine Nachricht.«

Ob journalistischer Grundlagenkurs zu Nachricht, Bericht und anderen Standards, Übungen zu Reportage und Glosse, zum Reisebericht, zum Porträt oder zum stilistischen Feinschliff, Klaus Viedebantt beherrschte sein Metier und setzte unsere Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf die rechte Recherche- und Schreibspur. Das gelang ihm nicht nur durch seine Kenntnisse, sondern auch durch seinen Sprachwitz. Was man ihm nachsagte, stimmte: Er gehörte zu jenen Menschen, die lieber einen Freund verlieren, als einen Kalauer zu unterdrücken. 

Ich freute mich auf die regelmäßigen Treffen mit Klaus Viedebantt in Wolfenbüttel und auf der Frankfurter Buchmesse, wo wir nach der Arbeit so manchen Abend im »Mezzanotte« verplauderten. Über die Jahre wurde so aus einem Dozenten ein Vertrauter, ja ein Freund, und Klaus Viedebantt verwandelte sich in Klaus.

Seine Leidenschaft für den Journalismus verband Klaus mit der zum Reisen, vor allem in Richtung zu seinem liebsten Kontinent Australien. Am 18. Juni ist Klaus nach Anderswo aufgebrochen. Ich weiß, dass diesen Ort keine Landkarte verzeichnet, und ich weiß, dass es diesen Ort gibt. Vielleicht treffen wir uns dort zu gegebener Zeit, machen eine Werkstatt über das Reisen und das Wiedersehen. Und sicher wird Klaus dann einen seiner berüchtigten Witze zum Besten geben, vielleicht den des legendären Queen-Elizabeth-2-Kapitäns Nick Bates: »Es gibt drei Arten von Kapitänen in dieser Welt: Die, die zählen können, und die, die es nicht können.«

Wie auch immer wir es mit Zahlen halten, so weiß ich eines genau: Auf Klaus konnte ich jederzeit zählen und vermisse ihn nicht nur in den Werkstätten für journalistisches Schreiben.

Olaf Kutzmutz

Kommentare (2)

  • Sylvia

    at 28.06.2024
    Wie traurig, hab ihn auch geschätzt.
  • Andreas

    at 14.08.2024
    Das "Anderswo" ist ein tröstlicher Begriff für einen Ort, von dem wir nicht wissen, ob es dort Bücher gibt. "Anderswo" ist auch die Perspektive aus dem Anderswo, wo die Erinnerung an lange und schöne Zusammenarbeit mit sehr geschätzten Dozenten und Freunden der Akademie - voraussichtlich nicht ewig - aber sehr lange Bestand haben wird.

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