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Die digitale Bühne ist eröffnet

Die reichlich 60.000 Chöre in Deutschland und damit mehr als drei Millionen Sänger_innen sind seit Beginn der Coronakrise in einer Zwangspause unbestimmter Dauer.  Viele versuchen auf Online-Formate umzustellen, merken aber schnell, dass eine Chorprobe am Computer sehr weit von einem realen Klangerlebnis entfernt ist.  Aus dem Hackathon der deutschen Bundesregierung, der vom 20. -22.  März stattgefunden hat, ist ein Projekt entstanden, das Abhilfe verspricht. Um was es dabei geht erklärt Julian Klein, Direktor des !KF - Institut für künstlerische Forschung RADIALSYSTEM V Berlin, der Ideengeber des Projektes Digital Stage.

Herr Klein, mit welchen Problem müssen Online Chorproben kämpfen?
Sie kämpfen vor allem mit dem Problem der Latenz. Durch die Onlineverbindung werden die Stimmen nur mit Zeitverzögerung übertragen, daher ist gemeinsames Musizieren schwierig. Zudem werden in den üblichen Videokonferenzdiensten nur die lautesten Stimmen übertragen und andere automatisch stillgeschaltet, was eine normale Probe unmöglich macht.
Und was wollen Sie dagegen tun?
Wir wollen einen Videokonferenzdienst anbieten, bei dem die Latenz möglichst gering ist. Dazu bauen wir auf verschiedene bereits existierende Ideen auf und entwickeln eine Software, die auch für den Laien relativ leicht zu bedienen ist. Bei einigen existierenden Lösungen benötigt man spezifische Computerkenntnisse, um die Latenz zu minimieren. Wir haben eine einfache Lösung geplant, die entweder über den Browser läuft oder auch über ein eigenständiges Gerät funktioniert, das man direkt an das Internet anschließen kann.
Wie funktioniert das technisch?
Wir versuchen durch intelligentes Routing möglichst wenig Zeitverzögerung einzubauen. Außerdem basiert unsere Software darauf, dass nicht jede_r alle Informationen benötigt. Denn nicht jede_r Sänger_in muss alle Stimmen hören. So bekommt bei uns jede_r Sänger_in ein »Päckchen« mit Stimmen, die für ihn notwendig sind. Das verringert den Datenverkehr und ermöglicht eine schnelle Übertragung.
Und woher weiß die Software, wer was hören muss?
Das entscheidet der/die Dirigent_in oder die Klangregie über ein einfaches Mischpult. Die Sänger_innen können dann noch ihre eigene Stimme dazu mischen und haben dann ein Klangerlebnis fast wie im selben Raum.
Kann man das schon ausprobieren?
Ja, kann man. Auf unserer Website gibt es einen Prototyp, der noch in Arbeit ist, aber bereits funktioniert. Im Moment werden dabei noch alle Teilnehmer_innen zusammengeschaltet, aber wir arbeiten daran, verschiedene Proberäume einzurichten.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen?
Ich habe das Problem beim Hackathon der Bundesregierung angemeldet, relativ spontan. Durch die Corona Ausgangssperren kamen viele Künstler_innen auf mich zu mit dem Wunsch, weiter zu proben oder für Premieren zu üben. Meine erste Reaktion war: Da muss es doch etwas geben! Dann stellte sich heraus, dass es gar nicht so einfach ist und so hat sich auf dem Hackathon die Arbeitsgruppe gegründet. Wir kommen sehr gut voran und konnten bereits nach sechs Wochen den Prototyp vorstellen. Allerdings ist die Finanzierung schwierig: Da Kultur und Infrastruktur Ländersache ist, müssen wir mit allen Bundesländern einzeln verhandeln. Das macht es nicht leichter. Aber die Kulturstaatsministerin hat eine Patenschaft für das Projekt übernommen.
Wird es Vergleichbares auch für die darstellenden Künste geben?
Ja, das wird es geben. Unser erster Schritt ist die Audiorealisierung, danach kommt die Videomischung wie auf einer gemeinsamen virtuellen Bühne. Dabei können wir viel aus der Virtual Reality und der Gaming Branche lernen und arbeiten z.B. auch mit der Akademie für Theater und Digitalität in Dortmund zusammen. Eine vollständige Liste der Unterstützer gibt es online. Genauso wie ein Spendenkonto für alle, die das Projekt finanziell unterstützen wollen.
https://digital-stage.org/

 

 

 

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