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3 Fragen an Iris Hanika

Selbstverständlich sagt sie nichts über ihr aktuelles Buchvorhaben. Iris Hanika weiß zu schweigen und tritt dann rechtzeitig mit präzise beboachteten Gegenwartsanalysen hervor. Bei ihr gewinnt der Leser den Eindruck, jedes Buch sei ein Wagnis, Neuland, auch für die Autorin. So bei einer Liebesgeschichte wie „Treffen sich zwei“ oder ihrem Roman „Das Eigentliche“, in dem sie ein „Institut für Vergangenheitsbewirtschaftung“ erfindet und einen frischen wie provokanten Blick auf jahrzehntelanges Abarbeiten am Holocaust wirft. Zur literarischen Genauigkeit wie zu ihrem Verzicht auf Botschaften passt ihr derzeit liebster Leitspruch: „Stop making sense.“ Am Rande der Werkstatt „Webcams schreiben“, der allerersten, die Hanika geleitet hat, stellte ihr Olaf Kutzmutz drei Fragen.

 

Wo lagern Sie all Ihre Notizbücher?

Ich lagere sie nicht, sondern ich schreibe sie voll, indem ich sie leerschreibe. Die vollen Seiten reiße ich heraus, verarbeite sie und werfe sie weg. Wenn ein Notizbuch voll ist, ist es also tatsächlich leer, nur der Umschlag ist übrig. Den werfe ich dann auch weg.

 

Welches Schreibgerät bevorzugen Sie?

Den Füllfederhalter. Früher habe ich immer mit der Hand geschrieben, aber später irgendwann gleich am Computer. Ich vermute aber, dass ich mit dem Schreiben angefangen habe, weil ich den Schreibvorgang an sich, das sinnliche Erlebnis so wunderbar finde. Ich sehe gern nasse Tinte trocknen und mag es einfach, Papier zu beschreiben. Der Aufsatz „Freithema“ in Robert Walsers Buch „Fritz Kochers Aufsätze“ beginnt, sinngemäß, so: „Heute hat der Lehrer gesagt, wir dürfen schreiben, worüber wir wollen. Das gefällt mir gar nicht.“ Denn, das erklärt er ein paar Zeilen weiter: „Ich schreibe, weil ich es hübsch finde, so die Zeilen mit zierlichen Buchstaben auszufüllen.“ Genau das ist der Grund, warum ich schreibe: um „die Zeilen mit zierlichen Buchstaben auszufüllen“. Ich habe inzwischen viele Füller, aber mein erster ist weiterhin mein eigentlicher; mit dem schreibe ich, als sei er eine Erweiterung meiner Hand.

 

Was bedeutet für Sie Freizeit?

Freizeit gibt’s nicht. Darin liegen auch meine Schwierigkeiten mit Finanzbeamten begründet, die können das nicht begreifen. Auch was vordergründig wie Freizeit aussieht, ist keine; ich denke ja immer an meine Arbeit, und die Weltbeobachtung findet nun gerade nicht am Schreibtisch statt; man weiß nie, wann und wo man etwas findet, das festgehalten werden muss. – Nicht so angenehm am Schriftsteller­beruf ist der Produktionsdruck. Einerseits schreibt man gern Zeilen voll, andererseits muss man sich rechtfertigen für sein herrliches Leben. Letztlich zählen Ergebnisse, und man fühlt sich schlecht, wenn man nicht gearbeitet hat.

 

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